Raumwärme Damit Gebäude weniger Energie verbrauchen, braucht es nicht nur bessere Bauweisen und Gesetze, sondern auch eine klimafreundliche Art, sie zu heizen.
Inhaltsverzeichnis
Eine wichtige Rolle spielen dabei neue Heizsysteme wie Fernwärme, Wärmepumpen, Biomasse oder Erdwärme. Wenn der Umstieg auf diese umweltfreundlichen Lösungen gelingt, können Österreich und Europa auch die Klima- und Energieziele erreichen. Um den Wärme- und Kältesektor bis 2040 bzw. 2050 schrittweise umzugestalten, wurden die technischen und wirtschaftlichen Potenziale geprüft.
Bewertung und Planungspflicht
Alle EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, das nationale Potenzial für eine effiziente Wärme- und Kälteversorgung zu analysieren. Österreich hat diese Aufgabe bereits erfüllt: Die Ergebnisse flossen in den Nationalen Energie- und Klimaplan ein und wurden über die interaktive Austrian Heatmap veröffentlicht.
Die Bewertung berücksichtigt sowohl die technische Machbarkeit als auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen, für die Jahre 2030 und 2050. Dabei zeigt sich: Je nach Szenario könnten zwischen 20 und 45 Prozent des österreichischen Wärmebedarfs durch Fernwärme gedeckt werden. Voraussetzung ist eine intelligente Energieraumplanung, vor allem auf kommunaler Ebene.
Zwei wichtige gesetzliche Neuerungen geben klare Leitlinien für die nächsten Jahre vor. Auf nationaler Ebene wurde mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) ein Meilenstein gesetzt. Es untersagt seit Februar 2024 den Einbau fossiler Heizsysteme in Neubauten. Damit wird sichergestellt, dass neue Gebäude von Anfang an klimafreundlich beheizt werden. Für bestehende Gebäude gibt es keine Verpflichtungen.
Heizungstausch im Einfamilienhaus
In vielen Haushalten macht das Heizen bis zu 70 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus, weit mehr als der Stromverbrauch. Alte Heizsysteme, vor allem solche mit fossilen Brennstoffen, sind dabei nicht nur ineffizient, sondern verursachen auch hohe laufende Kosten und häufige Reparaturen. Der Umstieg auf eine moderne, klimafreundliche Heizung, wie Wärmepumpe, Biomasse oder Fernwärme senkt langfristig Energie- und Betriebskosten deutlich und sorgt zuverlässig für warme Räume. klimaaktiv begleitet Hausbesitzer/innen Schritt für Schritt beim Umstieg.
Zudem bietet die klimaaktiv Heizungsmatrix eine wertvolle Orientierungshilfe: Sie bewertet verschiedene Heizsysteme, wie Wärmepumpen, Biomasseheizungen oder Fernwärme, basierend auf dem spezifischen Heizwärmebedarf (HWB) und der Gebäudestruktur. So können Hausbesitzer/innen fundierte Entscheidungen treffen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sind.
Dekarbonisierung im mehrgeschoßigen Wohnbau
Im mehrgeschoßigen Wohnbau gestaltet sich der Heizungstausch komplexer, insbesondere aufgrund rechtlicher und organisatorischer Hürden. Viele Gebäude verfügen über dezentrale Gasthermen, deren Umrüstung auf zentrale, erneuerbare Heizsysteme, wie Biomasseanlagen oder Wärmepumpen, eine gemeinschaftliche Entscheidung der Eigentümer:innen erfordert. Initiativen wie die "Gemeinschaftstherme" zeigen jedoch, dass schrittweise Umstellungen möglich sind, indem einzelne Wohnungen nach und nach an ein zentrales System angeschlossen werden. Eine frühzeitige Planung und offene Kommunikation innerhalb der Hausgemeinschaft sind entscheidend, um den Weg für eine nachhaltige und effiziente Wärmeversorgung zu ebnen. Klimaaktiv bietet auch dazu praktische Tipps.
Anergie
Anergie bezeichnet thermische Energie mit niedriger Temperatur, die über Wärmepumpen nutzbar gemacht wird. Sie stammt meist aus dem Erdreich, aus Abwärme oder Solaranlagen und kann in Anergienetzen zur Beheizung und Kühlung von Gebäuden eingesetzt werden. Eine vom Bund unterstützte Machbarkeitsstudie ("AnergieUrban") zeigt, dass selbst in dicht besiedelten Stadtgebieten, etwa Gründerzeithäusern, ein Umstieg technisch möglich ist. Bohrungen unter Gehwegen, Straßen oder Grünflächen ermöglichen die Nutzung erneuerbarer Wärmequellen auch im Bestand. Die langfristige Wirtschaftlichkeit ist gegeben, vor allem bei integrierter Sanierung. Für eine breitere Anwendung sind jedoch rechtliche Rahmenbedingungen, geeignete Gebäudetechnik (z.B. Niedertemperaturheizsysteme) und klare Zuständigkeiten erforderlich. Anergienetze stellen damit eine praktikable Option für die Dekarbonisierung städtischer Wärmeversorgung dar.
Wirtschaftliche Potenzial der Fernwärme
Ob ein Fernwärmenetz wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Energiepreise, CO2-Kosten, externe Effekte und insbesondere die Anschlussrate im Versorgungsgebiet. Das bedeutet: Je dichter die Bebauung und je mehr Haushalte oder Betriebe sich anschließen, desto attraktiver wird die Versorgung über ein Wärmenetz.
Für das Ziel-Jahr 2030 strebt Österreich im Gebäudebereich eine grundlegende Umstellung auf klimafreundliche Lösungen an. Der Fokus liegt auf dem Ersatz herkömmlicher Heizsysteme, der Nutzung sauberer Energiequellen und der Verringerung klimaschädlicher Emissionen. Für das Jahr 2050 hingegen wird ein vollständig erneuerbares Energiesystem vorausgesetzt. Erneuerbares Gas gilt als teure und wenig verbreitete Nischenlösung, die nur in besonderen Fällen zum Einsatz kommen soll.
Grünes Öl
Grünes Öl gilt als mögliche nachhaltige Option für Gebäude, die sich technisch oder wirtschaftlich nur schwer auf andere Heizformen umstellen lassen. Der erneuerbare Flüssigbrennstoff kann bestehende Ölheizungen weiter nutzen und punktuell zur Dekarbonisierung beitragen. Eine Studie der Österreichischen Energieagentur (PDF, 3 MB) bestätigt die technische Eignung, weist jedoch auf hohe Kosten, geringe Effizienz und Nutzungskonkurrenzen hin. Daher empfehlen Expert:innen grünes Öl nur als ergänzende Lösung, im Ausnahmefall, während effizientere Alternativen wie Wärmepumpen oder Fernwärme vorrangig verfolgt werden sollten.
Weiterführende Informationen
- Austrian Heatmap
- Förderungen in Österreich (klimaaktiv.at)
- Studie: Umfassende Bewertung des Potenzials für eine effiziente Wärme- und Kälteversorgung (PDF, 3 MB)
- Bericht: Entwicklung des Raumwärmebedarfs
- Bericht: Treibhausgasreduktions-Maßnahmen im Gebäudesektor (PDF, 2 MB)
- Studie: Grünes Öl in der Raumwärme (PDF, 3 MB)